Quentin Leseprobe


 

Als irdische Raumfahrer am 2.4.2157 einen bewohnten Planeten in einem bis dahin unerforschten Sonnensystem entdeckten, staunten sie nicht schlecht. Die höchstentwickelte Spezies sah aus, wie die irdischen Nasenbären. Im Gegensatz zur Erde waren sie ungefähr so groß wie wir Menschen, hochintelligent und auf einem den Menschen ebenbürtigen technischen Niveau. Deshalb nannten die Menschen das System und den Planeten Nasua, nach der wissenschaftlichen Bezeichnung der Nasenbären. Im Laufe des Informationsaustauschs stellte man fest, dass es wirklich viele Gemeinsamkeiten der beiden Spezies gab. Verblüfft waren Menschen und Nasuani zum Beispiel von der Tatsache, dass ihre Längeneinheiten fast identisch waren. Der Meter der Menschen und der Goll auf Nasua unterschieden sich nur um 0,23 Prozent. Der Goll war unterteilt in einhundert Gigoll, was ziemlich genau einem Zentimeter entsprach. Eintausend Goll ergaben einen Pagoll, also fast genau einen Kilometer.

Die Menschen sind mittlerweile schon lange wieder weg. Das Leben auf Nasua geht aber natürlich trotzdem weiter seinen gewohnten Gang.

Einer der Bewohner Nasuas ist Quentin Quati und von dem soll hier erzählt werden. Seine unstillbare Neugier hat schon früh den Wunsch in ihm geweckt, in den Weltraum zu fliegen und ferne, unbekannte Welten zu entdecken. Dafür hat er sich in der Schule mächtig angestrengt, um eines der begehrten Stipendien an der Eliteuniversität in der Hauptstadt zu bekommen. Nur Absolventen dieser Universität bekommen die Chance nach ihrem Studium eine der Stellen in den Weltraum-Forschungsprogrammen zu ergattern. Seine Begabung gepaart mit seinem Eifer haben ihn erfolgreich zuerst an die Zentraluniversität gebracht und, nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums, ans Institut für galaktische Lebensformen. Die Gebäude des Instituts sind uralt, bereits gebaut, als an Raumfahrt noch nicht zu denken war. Damals hieß es noch Institut für Lebensformen und widmete sich natürlich ausschließlich den einheimischen Tierarten. Jetzt, mit dem neuen Namen, führte es regelmäßig Forschungsreisen durch, um auf fernen Planeten unbekannte Lebensformen zu finden und zu dokumentieren. Je ungewöhnlicher diese Lebensformen sind, umso größer ist der wissenschaftliche Ruhm, den der Entdecker gewinnen kann.

Quentin braucht viel Geduld, bis er die dreijährige Einarbeitungszeit hinter sich gebracht hat. Zuerst muss er alle Fachbegriffe und ihre Bedeutung lernen. Zum Beispiel hatte er den Begriff Bioresonanzstrahlung noch nie gehört. Mittlerweile weiß er, dass jede Art von Lebewesen eine unverwechselbare Ausstrahlung hat. So kann man selbst über große Entfernungen feststellen, welche Lebensformen auf einem Planeten vorkommen. Dazu gehört auch das Ähnlichkeitsprinzip, mit dem man sogar bei unbekannten Tierarten herausfinden kann, zu welcher Artengruppe sie gehören.

Nebenher läuft die Schulung in Interkosmo, der am weitesten verbreiteten Sprache im Weltall. Die muss ein

 


Es gibt so diese Tage, die entschädigen für Vieles. So ein Tag ist heute. Drei Wochen sind sie unterwegs und nichts haben sie entdeckt. So etwas ist echt frustrierend. Natürlich kennen sie die Aufzeichnungen anderer Expeditionen, die teilweise monatelang ohne Erfolg unterwegs waren. Wenn man es aber selbst erlebt, ist es doch wieder etwas ganz Anderes. Ihre Laune ist definitiv auf dem Tiefpunkt, als sie diesen kleinen Planeten ansteuern, doch dann passiert das Wunder. Fünf verschiedene unbekannte Tierarten strahlen ihre Bioresonanz in ihren Empfänger. Sie umrunden den Planeten einmal und zwei weitere Strahlungen tauchen auf. Siebenmal Erfolg, das ist einfach phänomenal. Sie können ihr Glück gar nicht fassen. Davon hat noch kein Bericht erzählt, noch nie hat jemand sieben unbekannte Arten auf einem Planeten gefunden. Allerdings scheint dieser Himmelskörper prädestiniert dafür. Unzählige kleine Kontinente oder große Inseln sind über alle möglichen Klimazonen verteilt. Von den eisigen Polregionen bis zum glühendheißen Äquator.
Etwas verwirrend ist allerdings die Tatsache, dass dieser Planet in ihren Karten nicht verzeichnet ist und es ihn eigentlich gar nicht geben dürfte. Das System gibt es, die anderen Planeten sind erfasst, nur diese kleine Wundertüte fehlt. Aber das soll sie nicht verwirren, aller Wahrscheinlichkeit nach ist es nur ein Fehler der Kartographen.
Da sie nicht alle Arten auf einmal untersuchen können, wählen sie zuerst eine Art die auf einem Kontinent in der gemäßigten Klimazone lebt. Schnell haben sie einen guten Landeplatz auf einer großen übersichtlichen Ebene gefunden und sind gelandet. Die Strahlung ist intensiv, mindestens ein Tier muss sich also in der Nähe aufhalten. Flugs schnappen sie ihre Ausrüstung und steigen aus. Die Bioresonanz wird immer stärker, das Tier scheint sich zu nähern. Und da sehen sie es auch bereits. Ein großer Vogel hält im Tiefflug auf sie zu und landet auf einem Baumstumpf direkt vor ihnen. Auf den ersten Blick würden sie sagen, dass es ein Adler ist, ein ziemlich großer Adler. Und außerdem ein sehr merkwürdiger Adler. Auf dem Kopf trägt er eine rote Fliegerhaube und eine blaue Fliegerbrille, wie sie es von uralten Berichten aus der Frühzeit der Fliegerei kennen. Am Körper hat er ein ritzerotes Leibchen an, auf dem groß »Refugia« steht. Was ist das denn?
Doch das sind der Überraschungen noch nicht genug, den der Vogel beginnt zu sprechen. Ein wenig krächzend, wie ein Papagei, aber dabei doch gut verständlich.
»Willkommen auf Refugia! Mein Name ist Jack und ich bin einer der hiesigen Ranger. Würden sie mir bitte umgehend ihre Landeerlaubnis zeigen.«
Landeerlaubnis? Nun sind sie total verwirrt. Sie erklären dem Vogel, dass sie ein Forschungsteam sind und nicht wussten, dass man hier eine Landeerlaubnis braucht. Daraufhin erläutert ihnen Jack, dass der Planet Refugia sich in Privatbesitz befindet und eine Landung ohne vorher beantragte Erlaubnis nicht zulässig ist. Er müsse jetzt erst einmal beim Besitzer rückfragen, wie dieser Fall gelöst werden soll. Dann dreht er sich etwas zur Seite und spricht eine ganze Weile in ein Mikrophon, dass anscheinend in seiner Kappe eingebaut ist. Danach stellt er Quentin weitere Fragen und will wissen, woher sie kommen, was sie genau erforschen und in wessen Auftrag. Auch diese Informationen gibt er an den unsichtbaren Besitzer weiter. Dann die Überraschung:
»Herr Muquagwo würde sich freuen sie zu empfangen und mit ihnen über ihre Forschungsaktivitäten zu sprechen. Wenn sie mir bitte folgen würden.«
Jack der Ranger wartet geduldig, bis sie wieder eingestiegen sind, hebt dann zusammen mit dem Schiff ab und fliegt voraus. Nach ungefähr einer halben Stunde setzt er auf einer Lichtung zur Landung an. Während Xixsel ihm folgt, können sie erkennen, dass am Waldrand ein kleines Holzhaus steht. Eigentlich hatten sie bei einem Planetenbesitzer eine große Residenz erwartet.
Während sie von Bord gehen, kommt ihnen von dem Häuschen bereits ein große Gestalt entgegen. Ihr Körperbau sieht vertraut aus, denn sie läuft auf zwei Beinen, hat zwei Arme und einen Kopf. Freundlich werden sie in perfektem Interkosmo begrüßt und das Wesen stellt sich als Herr Aguo Muquagwo vor, also ein Mann. Er hat hellblonde, fast weiße Haare, die im Genick zu einem Zopf gebunden sind. Sein Teint ist tiefbraun, fast schwarz, was ihn in ihren Augen sehr ungewöhnlich erscheinen lässt. Auch hat er kein Fell, sondern eine glatte Haut. Bekleidet ist er mit einer lockeren, langen mittelblauen Hose und einem dunkelgrünen T-Shirt. Dazu an den Füßen leichte Leinenschuhe. Insgesamt macht er einen sehr lockeren und entspannten Eindruck. Quentin und Cybi stellen sich natürlich ebenfalls vor und fühlen sich in ihren langen Expeditionsmänteln und den breitkrempigen Hüten irgendwie etwas »overdressed«.